Ein »typowy Kosmopolita«Zu Deutsch: typischer Kosmopolit. sei Artur Kowalski, dem es an Verbundenheit zu Polen mangele und der die polnischen Interessen unzureichend vertrete, heißt es in dem abgebildeten geheimen Dossier des polnischen Innenministeriums (Ministerstwo Spraw Wewnętrznych, MSW). Seine Tätigkeit als Auslandskorrespondent in Deutschland sei mangelhaft, da er häufig Jiddisch statt Deutsch spreche. Dies habe wiederholt zu Missverständnissen und Problemen geführt.
Artur Kowalski wurde 1911 in Hohensalza (Westpreußen) geboren.Im Geheimdienstdossier ist als Geburtsort fälschlicherweise Łódź angegeben. Seine frühe Kindheit verlebte er also im deutschen Kaiserreich, seine Jugend bereits in Polen, denn die Stadt wurde 1920 der neu geschaffenen Zweiten Polnischen Republik zuerkannt und in Inowrocław umbenannt. Deutsch war die Sprache seiner Umgebungskultur, Polnisch die seines Elternhauses. Die Behauptung, Kowalski würde Deutsch mit Jiddisch verwechseln, entsprang wohl dem Ressentiment des Geheimdienstmitarbeiters und sollte die behauptete mangelnde Verbundenheit mit Polen unterstreichen. Dabei war Kowalskis Biografie maßgeblich von seiner polnischen Zugehörigkeit bestimmt. Zwar wurde er 1931 als Mitglied der Komunistyczna Partia Robotnicza Polski (Kommunistische Arbeiterpartei Polens) nach Brüssel entsandt. Nachdem er später im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) und dann in der französischen Résistance gekämpft hatte, entschied er sich jedoch 1949 ganz bewusst und gegen den ausdrücklichen Wunsch seiner Ehefrau für die Rückkehr nach Polen. Seine Familie fand er dort nicht mehr vor, alle Angehörigen waren entweder im Holocaust ermordet worden oder hatten das Land verlassen. Dennoch blieb er im sozialistischen Polen.
Als in Polen im Juni 1967 von staatlicher Seite eine antisemitische Kampagne initiiert wurde, befand sich Kowalski in Bonn. Dort war er als Berichterstatter für das offizielle Parteiorgan Trybuna Ludu (Volksstimme) tätig. Da Polen zu jener Zeit keine diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik unterhielt, kam Kowalski gewissermaßen die Funktion eines inoffiziellen Botschafters zu. Er stand in engem Kontakt mit der Führung der Polska Zjednoczona Partia Robotnicza (Polnische Vereinigte Arbeiterpartei, PVAP) sowie der deutschen Sozialdemokratie und setzte sich für eine Annäherung beider Staaten ein. Er hatte detaillierten Einblick in innerparteiliche Vorgänge der PVAP und wusste, dass er mit seiner politischen Haltung im Visier einer konkurrierenden Parteifraktion stand. Unmittelbar nach Beginn der Kampagne im Juni 1967 fasste er daher den Entschluss, nicht nach Polen zurückzukehren. Er ahnte, dass er zum Ziel antisemitischer Angriffe werden könnte. Er emigierte zunächst nach Israel und anschließend in die Vereinigten Staaten.